Teil 1:
Die Geschichte der Windhunde ...

Das ist ein Windhund ... ja, ganz Sicher !!

... aber JEDERMANN, der beabsichtigt einen Lebensabschnitt mit einem so "eleganten Begleiter" zu teilen, sollte einiges über seine Geschichte wissen. Besonders über seine "Verwendung und Wertschätzung", die er in den ca. 10.000 Jahren seiner Existenz - im Gegensatz zu allen anderen Hunderassen - bei seinen Haltern genoss.

Denn erst wer die Hintergründe der Geschichte von Windhunden kennt, wird erkennen, weshalb Windhunde so ganz anders sind ...

Es lohnt sich, einen Blick nach Nordafrika zu werfen, wenn man die ursprüngliche Lebensweise von Windhunden erleben möchte.
Dort - in entlegenen Gebieten von Algerien, Marokko und Tunesien - aber auch noch weiter südlich in der Sahelzone, leben vereinzelt noch Windhunde mit ihren Menschen in engster Gemeinschaft in Zelt oder Hütte.
Die grosse Wertschätzung, die gerade Windhunde in islamischen Ländern geniessen, ist durchaus bemerkenswert - gelten gerade im Islam Hunde im allgemeinen als "unrein"!
Nicht so der Windhund!!
Denn ER ist nach deren Ansicht kein Hund - sondern "el Hor" - der "Edle".

B i l d Wertschätzung folgt

Ein Windhund war ausschließlich Jagdgefährte (bei damals noch als Nomaden lebenden Völkern) und dadurch Fleischversorger der Familie.

Denn ...

... am Anfang war der Wolf ...

... und es gab sicher nicht nur ein Lagerfeuer bei den (in der Altsteinzeit) als Nomaden lebenden Menschen, an dem sich der eine oder andere Wolfswelpe wärmte. Es wird sicher viele dieser Feuer gegeben haben, an denen Menschen begannen, den Wolf zu domestizieren.

Man war darauf angewiesen, von all dem zu leben, was die umgebende Natur hergab - es wurde gesammelt und gejagt - aber - es gab noch keine weitreichenden Waffen, mit denen man scheues Wild auch aus der Distanz erlegen konnte.
Was lag also näher, als sich die Jagdeigenschaften des Wolfes zunutze zu machen und sich die Beute mit ihm zu teilen?

Wohl eine der ältesten Darstellungen einer solchen Jagd mit wolfsartigen Hetzhunden stammt aus der Zeit um 15 000 v.Christus. Eine Felszeichnung in Spanien, die mehrere solcher Hunde und zwei Jäger bei der Jagd auf einen Wildstier darstellen.


In dem Bestreben, schnell flüchtendes Wild möglichst rasch erlegen zu können, begannen die Menschen eine Auslese bei der Verpaarung ihrer domestizierten Wölfe zu betreiben - denn die "schnellsten Wölfe waren die besten" und effektivsten Jäger.

Das war also der Beginn der Zucht von Windhunden!

Der Windhund behielt alle Wolfseigenschaften, die den meisten anderen Hunderassen leider größtenteils abhanden gekommen sind - er sollte nur noch schneller sein, als der Wolf !

Das Ergebnis dieser ausschliesslich auf die Jagdleistung des Hundes ausgerichteten Auslese können wir - zum Glück - noch heute bewundern. Von den ältesten uns bekannten Darstellungen bis heute, ist seine typische Erscheinung erhalten geblieben:

Die schlanke, sehnige Gestalt, der "windschnittige" Kopf - die besonders tiefe und geräumige Brust, die die grossen Lungen und das im Vergleich zu anderen Hunden grosse Herz beherbergt - die weit aufgezogene Bauchpartie und die starke Bemuskelung der Gliedmassen, die stolze, königliche Haltung, der in die Ferne gerichtete Blick - keine Bewegung kann diesem "Adlerauge" unter den Hunden entgehen!

Die grosse Wertschätzung, die diesen Hunden immer galt, lässt sich auch genau daran festmachen - seit tausenden von Jahren haben sie ihr Äusseres und ihr Wesen nicht verändert - das heisst aber auch, dass von jeher grösster Wert darauf gelegt wurde, nur das Beste mit dem Besten zu verpaaren!

Nur so konnte eine solche Kontinuität im Erscheinungsbild erreicht werden.

Der Windhund ist geradezu der Beweis für die These "form follows function"!

....

Um ca. 6000 v. Chr. - in der Jungsteinzeit - gab es umfangreiche Völkerwanderungen und auch schon ein weitreichendes Handelsnetz, dass sich von Zentralasien bis weit nach Mitteleuropa erstreckte.
Ebenso verhielt es sich im vorderen Orient bis nach Nordafrika.

Überall dort waren Menschen mit ihren Hetzhunden unterwegs - sei es
auf der Suche nach neuen Lebensräumen, oder auch aufgrund der von Osten
vordrängenden Eroberungszüge.

Und überall dort - in neuen Lebensräumen - trafen die Menschen auf neue, teilweise ungewohnte klimatische Bedingungen, andere geographische Gegebenheiten, anderes Wild.

Die Menschen mussten sich anpassen und mit ihnen taten es auch die Hetzhunde.
In Hochgebirgen, bei der Jagd auf z. B. durchaus wehrhaftes Steinwild, entwickelten die Hunde ein längeres Fell, wurden kürzer im Gebäude, die Winkelungen der Vor- und Hinterhand stärker ausgeprägt, die Ausdauer wurde wichtiger, als die absolute Geschwindigkeit (weil die Anforderungen an die in solchen Gebieten jagenden Hetzhunde andere waren - und sind - als bei den in der Ebene jagenden Sprinter).

Auf die o.g. Beschreibung passt der Afghanische Windhund - und noch ein anderer Vertreter der Hetzhunde, der noch wie zu alten Zeiten in Kirgistan seiner Profession nachgehen kann: Der Taigan.

Zu den afghanischen Windhunden gibt es (wie bei den meisten anderen Rassen auch), die Legende, dass die Hunde, die "Utnapischtim im Gilgamensch-Epos" bei der Sintflut in die Arche mitnahm (analog zu Noah im alten Testament), afghanische Windhunde gewesen seien.


Teil 2:
Der Windhund in der Neuzeit ...

In all dieser Zeit ... begann sich das Leben der Menschen, und mit ihnen das ihrer Windhunde, zu verändern.

Während ein grosser Teil der Menschheit noch immer ein Nomadenleben führte, entstanden Ackerbau und Viehzucht vor etwa 12.000 Jahren im Norden der arabischen Halbinsel und breitete sich über Anatolien nach Europa aus.
Erste Städte entstanden ab etwa 9.000 v. Chr. in Anatolien, Israel und Palästina - Jericho, z. B. In all diesen alten Kulturen gehörten bei Jagddarstellungen die Windhunde dazu.


Anubis


Tesem

Besonders bekannt sind dabei vor allem die Darstellungen aus dem alten Ägypten (wobei noch immer darüber gestritten wird, ob es sich bei Anubis [ägyptischer Totengott] um die Darstellung eines Schakals, oder eines Windhundes handelt).

FÜR den Windhund spricht die Tatsache, dass er auffallend dem aus vielen Darstellungen bekannten ägyptischen Tesem ähnelt, der fraglos ein Windhund war - und ist.

Denn offensichtlich hat dieser Windhund auf den Balearen, den Canaren und Malta, wegen der isolierten Insellagen, fast unverändert überlebt.

Ob aus Nordafrika, Arabien, dem vorderen Orient, Vorder-, Mittel-, Zentralasien, aus ganz Europa - es gibt von überall her Zeugnisse über die Existenz von Windhunden.

Sie waren dargestellt auf Münzen, Vasen, Wandbildern - ja, sie wurden sogar mit ihren Menschen begraben.

Alle diese Zeugnisse aber erzählten vor allem eine Geschichte: Die Geschichte der grossen Wertschätzung, die diesen Hunden durch alle Kulturen der Weltgeschichte zuteil wurde.

Bis in einem "sehr bekannten Buch" etwa um 600 v. Chr. der verhängnisvolle Satz zu finden war:

"Macht Euch die Erde untertan!"

Mit diesem Satz wurde manifestiert, was sich schon über längere Zeit abzeichnete (es ist ein Prozess, der bis heute andauert):
Die Abtrennung des Menschen von der Natur und ihren Gesetzen und die Missachtung des Lebens.

Im gleichen Buch steht allerdings auch (in den Sprüchen des israelischen Königs Salomo): "Dreierlei haben einen edlen Gang ..., ein Löwe, mächtig unter den Tieren ..., ein Windhund von guten Lenden ..., und ein König ..."

Wo Menschen sesshaft waren, wurde der Besitz und die Jagd mit Windhunden ein Privileg der Besitzenden, des Adels, der Herrscher und Könige. Hier nun wurden die edlen Hunde zum weniger edlen "Jagdvergnügen" benutzt - und das brachte ihnen nun leider auch den Ruf des "elitären und dekadenten" Tieres ein.

Mit der Erfindung von weitreichenden Schusswaffen, wurde dann auch dieses "Jagdvergnügen" immer seltener - man bediente sich nun immer mehr der (von uns auch heute noch als solche bezeichneten) "Jagdhunde". Sie sollten stöbern, apportieren, verletztes Wild aufspüren, usw. - alles ganz sicher keine Arbeit für einen Windhund.

Trotz allem - auch in den beiden Jahrtausenden nach Christus - wird der Windhund weiterhin verehrt. Dichter und Maler setzten ihm immer wieder ein Denkmal.

Eine (bisher) kleine Auswahl an Gemälden können Sie sich unter der Rubrik

"Windhunde in der Kunst"

ansehen.

(weitere Bilder folgen)


Im Jahre 1776 wurde in England der erste "Coursing-Club" gegründet, dem viele andere Clubs folgten. - Bei diesen Coursings jagten Greyhounds (im Wettstreit gegeneinander) Hasen.
So wurde sichergestellt, dass die heimischen Windhunde ihrer ursprünglichen Bestimmung nachgehen konnten.

Ganz schlimm aber wurde es für Greyhounds, als 1926 die Bahnrennen mit Wettbetrieb in England begannen. Nun war der Ausbeutung der Hunde Tür und Tor geöffnet - es ging nur noch um Wettumsätze - und nicht mehr um die Hunde - ihr Wert bestand und besteht nur noch darin, möglichst viel Geld zu erlaufen.
Überall, wo Hunderennen dieser Art erlaubt sind (bei uns in Deutschland sind sie verboten!), sind Windhunde reine "Wegwerf-Artikel" geworden - wer die erforderliche Leistung nicht, oder nicht mehr bringt, wird "entsorgt". (grausamer Beweis).

Diese Vorgehensweise beschränkt sich - jedenfalls hier in Europa - nun nicht mehr nur auf die Windhundrennen, sondern, wie u.a. an den Beispielen von spanischen Jägern hundertfach belegt, auch auf Galgos und Podencos, die noch ihre ursprüngliche Arbeit verrichten.
Welche "Entsorgungs-Methoden" dabei erdacht werden belegt ein derart pervertiertes Verhältnis zu unseren Mitlebewesen, dass ich hier nicht weiter darauf eingehen kann, ohne zu emotional zu werden.

Es ist ein so unbeschreiblicher Verrat an diesen Tieren, die für die grösste Zeitspanne in ihrer langen Geschichte immer höchste Wertschätzung erfuhren. Und wenn sie dann erleben, wie diese gequälten Tiere aufleben, wenn man respekt- und liebevoll mit ihnen umgeht, möchten sie sie ständig um Verzeihung bitten, für das, was Menschen ihnen angetan haben.

Windhundhalter sollten Windhundliebhaber sein, mit dem gebotenen Respekt vor einem viele Jahrtausende alten Kulturerbe der Menschheit. SIE "basteln" nicht an ihnen herum, um sie an unsere "derzeitige" Umwelt anzupassen - um aus der Vielfalt der Hunderassen einen "Einheitsbrei" zu formen, möglichst bequem im "Handling".

Der Windhund ist kein "bequemer" Hund - jedenfalls nicht, wenn er sich in der freien Natur befindet!
Wann immer Sie können, sollten Sie mit ihm eine Rennbahn (jawohl!) besuchen oder an einem Coursing-Training teilnehmen!!


Wenn Sie es einmal erlebt haben, wie ihr Hund geradezu von innen leuchtet, wenn er endlich - ungefährdet - seine "Arbeit" verrichten durfte, verspreche ich Ihnen:

Sie werden ihm dieses Vergnügen immer wieder bereiten wollen!

DAS ALLES wünsche ich IHREM Windhund - aber auch IHNEN.
Denn geteilte Freude ist DOPPELTE Freude!!!!!

 

In diesem Sinne ...

Monika Giese
Januar 2006

Stahlstich, erste Veröffentlichung 1803
Künstler:
Philip Reinagle (1749 - 1833)
(Bes.: Ch. Wichtrey)

Weitere Informationen zu den verschiedenen Windhunde-Rassen, Ihrer speziellen Herkunft und "ursprünglichen" Aufgabe finden Sie hier.
Jede Rasse ist separat beschrieben (LINKS). Stöbern lohnt sich...

Anita Volk
Windhunde sind Jagdhunde ...